Liebe Leserinnen, liebe Leser,

 

auffällig unspektakulär scheint der Tag des Geltungsbeginns der Verordnung (EU) 2017/745 − MDR vorrübergegangen zu sein. Dabei wurde seit vier Jahren auf diesen Termin hingefiebert, vor entsprechenden Folgen gewarnt und ununterbrochen auf die Notwendigkeit hingewiesen, als Wirtschaftsakteur solle man vorbereitet sein. Bezogen darauf, wie vehement die Öffentlichkeit den Erlass der MDR begleitet hatte, ist der eigentlich entscheidende 26. Mai, der Tag des Anwendungsbeginns, scheinbar untergegangen.

 

Das öffentliche Interesse und wohl auch das Interesse der betroffenen Wirtschaftsakteure hat sich in den vergangenen 14 Monaten pandemiebedingt verschoben. Die Bewältigung dieser Krise hat nicht nur ein erhöhtes Augenmerk, sondern auch Ressourcen für sich in Anspruch genommen, obwohl die mittelbaren Folgen wohl erst in den kommenden Jahren deutlich werden. Wenn allgemein angenommen wird, die Medizinprodukte-Branche sei der Gewinner der Pandemie, ist dies nur für einen kleinen Sektor korrekt. Durch die Verschiebung von OP-Terminen, Arztbesuchen und umfangreichen Umschiftungen zur Schaffung von Kapazitätsreserven zu Gunsten etwaiger COVID-19-Patienten gab es tatsächlich auch für viele Wirtschaftsakteure der Medizinprodukte-Branche empfindliche Einbußen.

 

Trotzdem bleibt zu konstatieren, dass der Schritt zur MDR, vor allem für den nationalen Mittelstand, keinesfalls ein Kinderspiel ist. Alberto Di Benedetto, Hanno Mahler und Folker Spitzenberger versuchen am Beispiel eines Kleinstunternehmens in Deutschland aufzuzeigen, mit welchen massiven Problemen der Schritt zur MDR selbst bei Medizinprodukten der Klasse I verbunden ist. Da sind die hohen MDR-Kosten im Verhältnis zum Umsatz nur einer der Stolpersteine, denen es auszuweichen gilt. Mehr interne Inspektionen, externe Überprüfungen, erhöhte Quantität klinischer Daten und insgesamt explodierende Dokumentationsvorgaben stellen nicht nur eine finanzielle Herausforderung, sondern insbesondere auch eine solche an die vorhandenen Ressourcen und die Logistik eines Kleinstunternehmens dar, wie die Autoren belegen.

 

Dass solche Kosten nicht unmittelbar auf die Kunden umgelegt werden können, ist nur ein Punkt der Problematik, ein weiterer sind auch die für Medizinprodukte geltenden rigiden Vorgaben bei der Werbung gemäß dem HWG. Diesem Thema und der entsprechenden aktuellen Entwicklung widmet sich der Artikel von Miriam Wirth und Christian Tillmanns, die die Knackpunkte insbesondere auf der Basis der aktuelleren Rechtsprechung herausarbeiten. Dabei betreffen die Werberegeln sowohl den Hersteller, als auch jede Handelsstufe.

 

Wie die gesteigerten Anforderungen der MDR zwischen den Wirtschaftsakteuren und insbe­sondere auch vom Hersteller gegenüber seinen Zulieferern und Vorproduzenten vertraglich abzusichern sind, thematisiert der Artikel von Maren Caspari und Heike Wachenhausen. Die Autorinnen widmen sich der immer wichtiger werdenden Vertragstype der Qualitätssicherungsvereinbarung – QSV und geben Hinweise dazu, in welchem Zusammenspiel eine QSV erforderlich sein kann. Für die Checkliste der wesentlichen Inhalte einer QSV bin ich dankbar, adressiert sie doch genau den Anspruch unserer Zeitschrift, fachlich hochqualifizierte, aktuelle Beiträge mit einer absoluten Praxistauglichkeit zu verbinden.

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe viel Spaß.

 

Volker Lücker