Datum: 5. Februar 2018
Gericht: Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper: 13. Senat
Entscheidungart: Urteil
Aktenzeichen: 13 A 3045/15
ECLI: ECLI:DE:OVGNRW:2018:0205.13A3045.15.00
Vorinstanz: Verwaltungsgericht Düsseldorf
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 11. November 2015 geändert. Der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 7. November 2014 wird insoweit aufgehoben, als damit unter Bezugnahme auf den Inspektionsbericht vom 7. November 2014 angeordnet wurde, den dort unter Ziffer 6.2.13 genannten fehlenden Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten Proktoskope durch Restproteinbestimmungen zu erbringen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1 Tatbestand:
2 Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft niedergelassener Gastroenterologen in der Rechtsform einer GbR. In der Praxis kommen u. a. flexible Endoskope und Proktoskope zum Einsatz. Die von der Klägerin genutzten flexiblen Endoskope und Proktoskope werden in der eigenen Praxis aufbereitet. Die Reinigung erfolgt jeweils manuell, bei den Proktoskopen wird auch ein Ultraschallgerät eingesetzt. Die Desinfektion der Endoskope wird maschinell unter Verwendung des Desinfektionssystems D. X. -T. der Firma D1. unter Einsatz von elektrolysiertem saurem Wasser durchgeführt, die Desinfektion der Proktoskope erfolgt manuell mit dem Mittel Instru plus virugard als 5%-ige Lösung. Anschließend werden die Proktoskope maschinell sterilisiert.
3 Am 25. September 2014 führte die Bezirksregierung E. durch zwei Mitarbeiterinnen eine Inspektion der Praxis durch. Laut Inspektionsbericht vom 7. November 2014 wurden diverse Mängel festgestellt. Es wurde u.a. bemängelt, dass,
4 – von der Einrichtung kein Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsprozesses für flexible Endoskope erbracht werde (§ 4 Abs. 2 MPBetreibV i.V.m. Punkt 2.2.2 der RKI-/BfArM-Empfehlung und dem NRW Papier), s. Ziffer 6.2.8 des Berichtes,
5 – dass nicht nachweisbar sichergestellt sei, dass das abschließende Desinfektionsverfahren der Endoskope einen ausreichenden Wirkbereich entsprechend den Vorgaben der RKI-/BfArM-Empfehlung erreiche (§ 4 Abs. 2 MPBetreibV i.V.m. Punkt 2.2.2 der RKI-/BfArM-Empfehlung), s. Ziffer 6.2.9 des Berichtes, und
6 – dass derzeit von der Einrichtung kein Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsprozesses für die sonstigen Medizinprodukte erbracht werde (§ 4 Abs. 2 MPBetreibV i.V.m. Punkt 2.2.2 der RKI-/BfArM-Empfehlung und dem NRW Papier), s. Ziffer 6.2.13 des Berichtes.
7 Mit Anordnungsbescheid ebenfalls vom 7. November 2014 gab die Bezirksregierung der Klägerin unter Fristbestimmung die Beseitigung der im Inspektionsbericht aufgeführten Mängel auf und ordnete zum Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsprozesses für die Endoskope und die sonstigen Medizinprodukte die Durchführung von Restproteinbestimmungen an.
8 Die Klägerin hat am 10. Dezember 2014 fristgerecht Klage erhoben und zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vorgetragen:
9 Das von ihr angewandte Reinigungsverfahren genüge den Anforderungen der RKI-/BfArM-Empfehlung. Dort seien mikrobiologische Kontrollen genannt und eine Prüfung im vierteljährlichen Turnus empfohlen. Sie habe zuletzt im Dezember 2014 das N. -Labor Dr. R. und Koll. beauftragt, entsprechende mikrobielle Prüfungen vorzunehmen. Die im Inspektionsbericht geforderte Restproteinbestimmung sei nach der RKI-/BfArM-Empfehlung nicht vorgesehen. Diese sei nicht notwendig und nicht geeignet, eine valide Prüfung des Reinigungsergebnisses sicherzustellen, hierzu gebe es kein selbst validiertes Verfahren. Zur Beseitigung des Mangels hätte ihr lediglich aufgegeben werden dürfen, die Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens geeignet zu belegen.Von dem sonstigen Instrumentarium, das im Inspektionsbericht genannt werde, würden nur noch Proktoskope bei ihr aufbereitet, im Übrigen habe sie auf Einmalprodukte umgestellt.
10 Die Klägerin hat beantragt,
11 den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 7. November 2014 insoweit aufzuheben, als sich dieser auf Anordnungen und Nebenfolgen zu Ziffer 6.2.8, 6.2.9 und 6.2.13 des Inspektionsberichtes vom 7. November 2014 beziehe.
12 Der Beklagte hat beantragt,
13 die Klage abzuweisen.
14 Er hat im Wesentlichen geltend gemacht: Manuelle Reinigungs- und Desinfektionsverfahren müssten stets nach dokumentierten Standardarbeitsanweisungen und mit auf Wirksamkeit geprüften Mitteln und Verfahren validiert durchgeführt werden. Mikrobiologische Überprüfungen seien nicht geeignet, um zu belegen, dass ein Reinigungsverfahren erfolgreich gewesen sei. Dies betreffe sowohl flexible Endoskope als auch sonstige keimarm oder steril zur Anwendung kommende Medizinprodukte. Mikrobiologische Kontrollen wiesen lediglich überlebensfähige Mikroorganismen nach. Blut, Gewebereste, Prionen sowie Viren würden nicht erfasst. Auch bei negativen mikrobiologischen Kontrollen könne eine Verunreinigung der inneren Oberflächen bestehen und müsse überprüft werden. Daher seien nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik Proteintests zielführend, um eine Gefahr für den Patienten durch nicht ordnungsgemäß aufbereitete Medizinprodukte zu erkennen. Das von der Klägerin verwendete Desinfektionsgerät D. X. -T. der Firma D1. erfülle nicht die Vorgaben der RKI-/BfArM-Empfehlung, wonach die verwendeten Desinfektionsverfahren nachweislich bakterizid, fungizid und viruzid sein müssten. Für eine Einstufung als viruzid müsse ein Gutachten vorliegen, das sich auf bestimmte Viren (Poliovirus, Adenovirus und SV 40) beziehen müsse. Den Nachweis der Wirksamkeit gegen SV 40 habe die Klägerin nicht erbracht.
15 Das Verwaltungsgericht hat der Klage zum Teil stattgegeben und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 7. November 2014 insoweit aufgehoben, als damit unter Bezugnahme auf den Inspektionsbericht vom 7. November 2014 angeordnet wurde, den dort unter Ziffer 6.2.8 genannten fehlenden Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens flexibler Endoskope sowie den dort unter Ziffer 6.2.13 genannten fehlenden Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten Proktoskope durch Restproteinbestimmungen zu erbringen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klagestattgabe hat es im Wesentlichen aufgeführt:
16 Soweit die Durchführung von Restproteinbestimmungen zum Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens bei flexiblen Endoskopen und Proktoskopen gefordert werde, sei die angefochtene Verfügung rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17 Medizinprodukte seien entsprechend den in § 4 Abs. 2 MPBetreibV bestimmten Anforderungen aufzubereiten. Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 MPBetreibV werde eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermutet, wenn die RKI-/BfArM-Empfehlung beachtet werde. Dies sei hier sowohl bezüglich der flexiblen Endoskope als auch in Bezug auf die Proktoskope zu bejahen.
18 Hinsichtlich der Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung flexibler Endoskope fänden sich in der mitgeltenden Anlage 8 der RKI-/BfArM-Empfeh-lung besondere Vorgaben. Dort werde näher beschrieben, welche Verfahrensschritte bei der Reinigung konkret einzuhalten seien. Restproteinbestimmungen würden in diesem Zusammenhang nicht angesprochen. Nach der RKI-/BfArM-Empfehlung würden vielmehr bei flexiblen Endoskopen mikrobiologische Kontrollen als geeignet angesehen, um eine Gefahr für den Patienten durch nicht ordnungs-gemäß aufbereitete Medizinprodukte zu erkennen. Daraus folge, dass bei manueller Reinigung flexibler Endoskope die Vermutung einer ordnungsgemäßen Aufbereitung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 MPBetreibV auch ohne Restproteinbestimmung greife.
19 Hinsichtlich der als semikritisch A eingestuften Proktoskope seien für die Frage, ob eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermutet werden könne, nur die allgemeinen Empfehlungen heranzuziehen. Aus diesen ergebe sich nicht, dass eine Restproteinbestimmung erforderlich sei. Es entspreche dem Stand von Wissenschaft und Technik, bei semikritisch A Instrumenten wie den Proktoskopen, also bei Instrumenten, die vollständig visuell überprüft werden könnten, eine Proteinbestimmung nur dann für erforderlich zu halten, wenn nach einer visuellen Kontrolle eine Verschmutzung nicht ausgeschlossen werden könne; sie sei also gerade nicht regelmäßig durchzuführen.
20 Zur Begründung seiner – vom Senat im Umfange der Klagestattgabe zugelassenen – Berufung trägt der Beklagte vor: Die Klage sei auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Anordnung der Durchführung von Restproteinbestimmungen zum Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens bei flexiblen Endoskopen und Proktoskopen richte, da die von der Klägerin durchgeführte manuelle Reinigung nicht den Anforderungen der RKI-/BfArM-Empfehlung entspreche. Auch die Reinigung als ein Schritt des von der Klägerin durchgeführte Aufbereitungsverfahrens müsse im Sinne der RKI-/ BfArM-Empfehlung validiert sein, ansonsten müsste die Klägerin den Nachweis eines gleichwertigen validierten Verfahrens erbringen. Beide Vorgaben erfüllt die Klägerin nicht. Die RKI-/BfArM-Empfehlung fordere als Nachweis der Wirksamkeit der Reinigung die Durchführung einer Restproteinbestimmung. Die Restproteinbestimmung bilde auch den Stand der Wissenschaft und Technik ab. Die in der DIN EN ISO 15883 genannten Methoden zum Beleg der Wirksamkeit des maschinellen Reinigungsverfahren in Form von quantitativen Proteinbestimmungsmethoden seien auf das manuelle Verfahren übertragbar, da dieses denselben Reinigungserfolg erbringen müsse. Die mikrobiologische Kontrolle sei hingegen zur Validierung des Reinigungsprozesses ungeeignet, denn diese weise lediglich lebende Mikroorganismen nach. Ablagerungen wie Blut, Gewebereste, Prionen und Viren sowie weitere pathogene Proteine würden von der mikrobiologischen Kontrolle nicht erfasst. Der Durchführung der Restproteinkontrolle stehe bezüglich der Endoskope auch nicht die Anlage 8 der RKI-/BfArM-Empfehlung entgegen, da dort gerade keine Regelungen über den Nachweis der Wirksamkeit manueller Reinigungsverfahren getroffen und insbesondere nicht die Vorgaben des allgemeinen Teils aufgehoben würden. In der Anlage werde vielmehr ausdrücklich zwischen Ergebnis- und Prozessqualität unterschieden. Die mikrobiologische Untersuchung diene aber nur der Verifizierung der Ergebnisqualität. Für die Proktoskope verbleibe es ohnehin beim Allgemeinen Teil der RKI-/BfArM-Empfehlung, welcher Restproteinbestimmungen vorsehe. Die Oberfläche der Proktoskope sei zwar vollständig einsehbar, gerade farblose Ablagerungen wie z. B. Sekrete könnten visuell aber nicht hinreichend erkannt werden.
21 Der Beklagte beantragt,
22 unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 11. November 2015 – 16 K 8283/14 – die Klage auch insoweit abzuweisen, als sie sich gegen diejenigen Anordnungen im Bescheid der Bezirksregierung E. vom 7. November 2014 richtet, die unter Bezugnahme auf Ziffer 6.2.8 und 6.2.13 des Inspektionsberichts vom 7. November 2014 ergangen sind und vom Verwaltungsgericht aufgehoben wurden.
23 Die Klägerin beantragt,
24 die Berufung zurückzuweisen.
25 Sie verteidigt das angefochtene Urteil und betont, dass die Vermutungsregelung des § 4 Abs. 2 S. 1 MPBetreibV zu ihren Gunsten greife. Die Wirksamkeit der von ihr angewandten Reinigungsmethode bezüglich der flexiblen Endoskope sei hinreichend belegt. Sie, die Klägerin, erfülle die Anforderungen der einschlägigen Anlage 8 der RKI-/BfArM-Empfehlung. Eine Restproteinbestimmung werde dort gerade nicht gefordert, wohl aber die von ihr vorgenommene mikrobiologische Kontrolle. Zum Zeitpunkt der Begehung der Praxis habe zudem ohnehin keine anerkannte Methode der Validierung der manuellen Aufbereitung flexibler Endoskope zur Verfügung gestanden. Auch sei das praktische Vorgehen im Falle eines auffälligen Befundes bei der Restproteinbestimmung, dessen Ergebnis ohnehin erst nach mehreren Tagen feststehe, in keiner Weise standardisiert niedergelegt oder definiert. Ohne rechtliche Bedeutung seien vorliegend die Inhalte des Arbeitspapiers des Landes NRW „Anforderungen an die hygienische Aufbereitung von Medizinprodukten in NRW“, welche Restproteinbestimmungen vorsähen. In Bezug auf die Proktoskope sei der Allgemeine Teil der RKI-/BfArM-Empfehlung einschlägig. Auch dieser sehe keine Restproteinbestimmung vor. Bei einsehbaren Geräteoberflächen reiche vielmehr eine visuelle Kontrolle aus.
26 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
27 Entscheidungsgründe:
28 Die zulässige Berufung des Beklagten ist in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang begründet, denn das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage zum Teil zu Unrecht teilweise stattgegeben.
29 Der formell rechtmäßige (dazu 1.) Bescheid des Beklagten vom 7. November 2014 ist rechtmäßig, soweit dort unter Bezugnahme auf den Inspektionsbericht vom 25. September 2014 angeordnet wurde, den unter Ziffer 6.2.8 bemängelten fehlenden Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten flexibler Endoskope durch Restproteinbestimmungen zu erbringen, da die nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 14 MPG i. V. m. der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten, Medizinprodukte-Betreiberverordnung, im Folgenden: MPBetreibV) entsprechende Aufbereitung dieser Medizinprodukte durch die Klägerin eine drohende Gefahr im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 1 MPG darstellt (dazu 2.). Soweit die Restproteinbestimmung auch angeordnet wurde, um den im Bericht unter Ziffer 6.2.13 bemängelten fehlenden Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten sonstigen Medizinprodukte zu erbringen, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (dazu 3.).
30 1. Rechtsgrundlage für den Anordnungsbescheid ist § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 MPG, der bei Gefahrenabwehr vorrangig gegenüber § 26 Abs. 2 MPG anzuwenden ist. Nach § 28 Abs. 1 Halbsatz 1 MPG trifft die nach diesem Gesetz zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte. Sie ist insbesondere befugt, Anordnungen, auch über die Schließung des Betriebs oder der Einrichtung, zu treffen, soweit es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten ist (§ 28 Abs. 2 Satz 1 MPG). Auch kann die zuständige Behörde das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Betreiben und die Anwendung der Medizinprodukte untersagen, beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig machen oder den Rückruf oder die Sicherstellung der Medizinprodukte anordnen (§ 28 Abs. 2 Satz 2 MPG). Hiervon ausgehend ist die Bezirksregierung E. als zuständige Behörde,
31 vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 6 der Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz vom 11. Dezember 1990 (GV. NRW. S. 659) in der Fassung vom 4. November 2008 (GV. NRW. S. 684),
32 grundsätzlich berechtigt, der Klägerin durch Anordnung aufzugeben, die bei der Inspektion der Praxisräume festgestellten schwerwiegenden Mängel hinsichtlich der hygienerechtlichen Aufbereitung kritischer Medizinprodukte zu beseitigen.
33 2. Ein solcher Mangel liegt vor. Die von der Klägerin bisher erbrachten Nachweise der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens hinsichtlich der von ihr verwendeten flexiblen Endoskope entsprechen nicht der gemeinsamen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (im Folgenden: RKI-/BfArM-Empfehlung; veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt 2012, S. 1244), so dass zu Gunsten der Klägerin die Vermutung der ordnungsgemäßen Aufbereitung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 (früher wortgleich § 4 Abs. 2 Satz 1) MPBetreibV nicht greift (a.). Eine den gesetzlichen Vorgaben des § 8 Abs. 1 MPBetreibV genügende Aufbereitung lässt sich auch nicht auf andere Weise feststellen (b.). Die daher nicht ordnungsgemäße Aufbereitung der flexiblen Endoskope stellt eine drohende Gefahr gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 MPG dar (c.). Die Anordnung einer Restproteinbestimmung zur Beseitigung dieser Gefahr ist ermessensfehlerfrei erfolgt (d.).
34 a. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 MPBetreibV ist die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV wird eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermutet, wenn die RKI-/BfArM-Empfehlung beachtet wird.
35 Die RKI-/BfArM-Empfehlung stuft Medizinprodukte zunächst hinsichtlich der Art der folgenden Anwendung und dem sich daraus ableitenden Risiko ein und unterscheidet dabei zwischen unkritischen, semikritischen und kritischen Medizinprodukten. Da konstruktive und materialtechnische Details des Produktdesigns erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung stellen können, wird diese Einstufung weiter präzisiert, indem bei semikritischen Medizinprodukten zwischen Produkten unterschieden wird, bei denen die Aufbereitung ohne besondere Anforderungen (Gruppe A) oder mit erhöhten Anforderungen (Gruppe B) durchgeführt werden muss. Bei kritischen Medizinprodukten können zusätzlich solche abgegrenzt werden, bei denen an die Aufbereitung besonders hohe Anforderungen (Gruppe C) gestellt werden müssen.
36 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.2.1, S. 1247 f.
37 Bei den hier streitgegenständlichen flexiblen Endoskopen handelt es sich um semikritische Medizinprodukte, da sie mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen. Aufgrund der verschiedenen Kanäle und der Flexibilität des Materials bestehen erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung. Flexible Endoskope sind daher semikritische Produkte der Gruppe B.
38 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.2.1, Tabelle 1, S. 1248.
39 Die Reinigung als selbständiger Teil der Aufbereitung der flexiblen Endoskope durch die Klägerin genügt nicht den Anforderungen der RKI-/BfArM-Empfehlung für flexible Endoskope.
40 Die Aufbereitung der Medizinprodukte umfasst in der Regel mehrere Verfahrensschritte.
41 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1, S. 1245
42 (sachgerechtes Vorbereiten; Reinigung, ggf. Zwischenspülung, Desinfektion, Spülung und Trocknung; Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit etc.).
43 Im Gesamtablauf der Aufbereitung kommt der Reinigung besondere Bedeutung zu. Ziel der Reinigung ist die Beseitigung von Verschmutzungen (insbesondere organisches Material wie Blut, Sekrete, Gewebereste) um anschließende Schritte der Desinfektion und Sterilisation nicht durch z. B. Blut-, Sekret- oder Geweberückständen zu beeinträchtigen.
44 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1253, s. auch Anlage 8, Ziffer 2.2, S. 1288.
45 Für die Reinigung gelten die allgemeinen Vorgaben der RKI/BfArM-Empfehlung sowie zusätzlich die Ausführungen in Anlage 8 der RKI-/BfArM-Empfehlung (Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung flexibler Endoskope und endoskopischen Zusatzinstrumentariums). Neben der maschinellen Reinigung kommt auch die manuelle Reinigung in Frage. Nachteile der manuellen Aufbereitung liegen vor allem in der Problematik der Reproduzierbarkeit und Standardisierung und im Personalschutz. In jedem Falle ist die standardisierte und reproduzierbare Reinigung (bei Gruppe B einschließlich der inneren Oberflächen) sicher zu stellen.
46 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.3, S. 1251.
47 Auch wenn flexible Endoskope grundsätzlich manuell korrekt aufbereitet werden können, ist angesichts der Nachteile der manuellen Reinigung daher grundsätzlich eine maschinelle Reinigung zu bevorzugen. Die Anwendung manueller Verfahren setzt bei der Verfügbarkeit maschineller Verfahren – wie hier – voraus, dass der Beleg über die Äquivalenz der Leistungsfähigkeit manueller und maschineller Verfahren erbracht wurde.
48 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1253, Anlage 8, S. 1294.
49 Ein manuelles Reinigungsverfahren muss dabei stets nach dokumentierten Standardanweisungen und mit auf Wirksamkeit geprüften, auf das Medizinprodukt abgestimmten Mitteln und Verfahren validiert durchgeführt werden. Die Validierung soll dem Medizinprodukt und seiner Risikobewertung und Einstufung angemessen sein und nach den anerkannten Regeln der Technik unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik erfolgen.
50 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.3, S. 1250.
51 Validierung wird definiert als ein dokumentiertes Verfahren zum Erbringen, Aufzeichnen und Interpretieren der Ergebnisse, die für den Nachweis benötigt werden, dass ein Verfahren bzw. ein Prozess beständig Produkte liefert, die den vorgegebenen Spezifikationen entsprechen.
52 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. April 2014 ‑ 13 A 106/13 -, juris, Rn. 19, m. N.; RKI-/BfArM-Empfehlung, Anlage 1, S. 1265.
53 Bei der manuellen Reinigung ist im Rahmen der Validierung als Mindestanforderung eine Standardanweisung zu erstellen und die Wirksamkeit geeignet zu belegen.
54 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Anlage 1, S. 1265.
55 Die Standardanweisung muss die kritischen Verfahrensschritte ausdrücklich benennen. Diese sollen im Rahmen periodischer Prüfungen berücksichtigt werden, um die Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahmen zu belegen.
56 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.3, S. 1250.
57 Wie genau die Wirksamkeit der manuellen Reinigung zu belegen ist, lässt sich der RKI-/BfArM-Empfehlung nicht ausdrücklich entnehmen, insbesondere wird nicht explizit eine Restproteinbestimmung gefordert. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass eine solche zur Validierung der manuellen Reinigung von flexiblen Endoskopen nicht für nötig erachtet wird. Vielmehr ergibt sich aus einer wertenden Gesamtschau der RKI-/BfArM-Empfehlung, dass im Rahmen der Validierung der manuellen Reinigung von flexiblen Endoskopen Restproteinbestimmungen zu erfolgen haben, weil die von der Klägerin durchgeführten optischen Kontrollen sowie mikrobiologischen Kontrollen zum Beleg der Wirksamkeit der manuellen Reinigung von flexiblen Endoskopen nicht ausreichend sind.
58 Da eine sichere Sterilisation bzw. Desinfektion nur bei sauberen Medizinprodukten erfolgen kann, ist der Effekt der Reinigung zu überprüfen: „Nach der Reinigung und Desinfektion dürfen bei optischer Kontrolle (normaler oder auf normal korrigierter Sehkraft) an allen Teilen des Medizinproduktes keine Verschmutzungen (z. B. Verkrustungen, Beläge) erkennbar sein (QM).“
59 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1255.
60 Der Zusatz „QM“ findet sich in der RKI-/BfArM-Empfehlung immer dann, wenn eine beschriebene Maßnahme der Sicherstellung der Qualität von aufbereiteten Medizinprodukten bzw. Aufbereitungsprozessen dient. Er ist im Hinblick auf die Erzielung vorgegebener Spezifikationen (hier Sauberkeit, Keimarmut, Sterilität, Funktion und Anwendungssicherheit) eng mit dem Begriff und der Zielsetzung der Validierung verknüpft.
61 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1, Fußnote 1, S. 1245.
62 Bei flexiblen Endoskopen ist eine optische Kontrolle nur eingeschränkt möglich. Flexible Endoskope werden in der RKI-/BfArM-Empfehlung deswegen als Medizinprodukte der Gruppe B eingestuft, weil die Effektivität der Reinigung nicht durch Inspektion unmittelbar beurteilbar ist.
63 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.2.1, S. 1248, s. dort auch Tabelle 1.
64 Eine optische Kontrolle ist bei flexiblen Endoskopen wegen der konstruktionsbedingten langen und engen Hohlräume von vornherein nicht hinreichend geeignet, die Effektivität der Reinigung zu beurteilen, der Erfolg der Reinigung ist daher nicht (allein) durch optische Kontrolle beurteilbar. Dem entspricht es, dass gemäß RKI-/BfArM-Empfehlung in solchen Fällen die Reinigung verfahrenstechnisch sichergestellt werden muss.
65 vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1255.
66 Die Problematik einer manuellen Reinigung besteht in diesem Zusammenhang insbesondere in dem Beleg der reproduzierbaren Durchführung (z. B. sorgfältiger Bürstenreinigung bei Endoskopen). Deshalb fordert die RKI-/BfArM-Empfehlung (nur) bei fehlender Möglichkeit einer optischen Kontrolle ausdrücklich über die sorgfältige Durchführung der manuellen Arbeitsschritte gemäß Standardarbeitsanweisungen hinaus periodische Prüfungen der Reinigungsleistung.
67 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1255.
68 Parameter für die Qualität der Reinigungsleistung ist jedoch nicht das (Nicht-) Vorhandensein von lebensfähigen Mikroorganismen (oder sonstiger Keime) – die Medizinprodukte müssen nach der Reinigung auch noch nicht steril, also frei von Bakterien und Keimen sein – sondern das festgestellte Restprotein. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Medizinprodukt auch dann verschmutzt sein kann, nämlich durch Ablagerungen wie z. B. Blut und Gewebereste, wenn lebensfähige Mikroorganismen nicht vorhanden bzw. nicht festgestellt werden können, etwa weil sie sich unter den Ablagerungen befinden. Eine sichere Sterilisation bzw. Desinfektion kann hingegen -wie bereits dargestellt – nur bei sauberen Medizinprodukten erfolgen. Die RKI-/BfArM-Empfehlung formuliert einen Wert von 100µg Protein/Medizinprodukt als Kriterium für die erforderliche Sauberkeit.
69 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1253, Fn. 3.
70 Auf diesen einzuhaltenden Warnwert für die Sauberkeit nimmt die RKI-/BfArM-Empfehlung ausdrücklich auch Bezug, wenn sie betont, dass Ziel der Maßnahmen eine rückstandsfreie Reinigung ist, um anschließende Schritte der Desinfektion und Sterilisation nicht durch z. B. Blut-, Sekret- oder Geweberückstände zu beeinträchtigen.
71 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1253.
72 Zur Feststellung der Einhaltung der so definierten Sauberkeit bedarf es aber bei fehlender optischer Kontrollmöglichkeit zwingend Restproteinbestimmungen. Durch die Restproteinbestimmung wird zudem die Äquivalenz der Leistungsfähigkeit manueller und maschineller Verfahren belegt.
73 Vgl. dazu 5.3.3.1 der von verschiedenen Fachgesellschaften 2011 herausgegebenen Leitlinie zur Validierung maschineller Reinigungs- und Desinfektionsprozesse zur Aufbereitung thermolabiler Endoskope,
74 https://www.dgsv-ev.de/fachinformationen/leitlinien/
75 (zuletzt abgerufen am 5. Februar 2018);
76 s. auch Tabelle 1 der Anlage 3 – Inbetriebnahme und Betrieb von Reinigungs-Desinfektions-geräten (RDG) zur Aufbereitung von Medizin-produkten (Checkliste) – der RKI-/BfArM-Empfehlung, auch dort wird im Rahmen der Leistungsprüfung ausdrücklich auf die Restproteinbestimmung verwiesen.
77 Schließlich ist auch der Anlage 8 der RKI-/BfArM-Empfehlung nicht zu entnehmen, dass Restproteinbestimmungen zur Validierung bei manueller Reinigung von flexiblen Endoskopen nicht erforderlich sind. Es handelt sich hierbei, wie bereits dem eindeutigen Wortlaut des Satzes 1 der Anlage, aber auch dem übrigen Inhalt zu entnehmen ist und auch das Robert-Koch-Institut mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 betont hat, (nur) um eine mitgeltende Anlage, keinesfalls soll der allgemeine Teil grundsätzlich keine Geltung beanspruchen. Es wird dort einleitend betont, dass durch Endoskope u. a. Viren und Bakterien übertragen werden können. Auch werden regelmäßige mikrobiologische Untersuchungen ausdrücklich empfohlen. Mit mikrobiologischen Untersuchungen können jedoch lediglich überlebensfähige Mikroorganismen nachgewiesen werden. Blut, Gewebereste, Prionen sowie insbesondere Viren werden von dieser Methode nicht erfasst. Die Wirksamkeit der Reinigung kann durch mikrobiologische Kontrollen daher nicht nachgewiesen werden. Deshalb empfiehlt die RKI-/BfArM-Empfehlung, an der bewährten Kombination von Überprüfung der Prozessqualität eines REG-E (jährliche Wartung und Überprüfung der Leistungsqualifikation) und Kontrollen der Ergebnisqualität (mikrobiologische Kulturen) festzuhalten.
78 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Anlage 8, S. 1294.
79 Auch die Bezugnahme auf die Leistungsqualifikation, die mit Restproteinbestimmungen einhergeht, zeigt, dass mit der Anlage 8 der allgemeine Teil der RKI-/ BfArM-Empfehlung nicht ausgeschlossen werden sollte. Es wäre auch widersinnig, zunächst im allgemeinen Teil zu betonen, dass eine optische Kontrolle nicht ausreicht und anschließend in Bezug auf die Überprüfung des Reinigungsergebnisses keine Nachweismethode bzw. mit der mikrobiologischen Untersuchung eine Nachweismethode zu empfehlen, die nur Bakterien und Pilze nachweist, Verschmutzungen u. a. mit Viren, Blut, Prionen,
80 vgl. insoweit auch Anlage 7 der RKI-/BfArM-Empfehlung (Maßnahmen zur Minimisierung des Risikos einer Übertragung der CJK/vCJK durch Medizinprodukte), dort wird betont, dass für die Beurteilung der Eignung der Reinigungsprozesse die jeweils nachgewiesene Reinigungsleistung entscheidend ist und auf die Angaben zur Validierung von Reinigungs- und Desinfektionsprozessen sowie Tabelle 3 verwiesen; Bezugsgröße ist dort wiederum die Proteinbelastung,
81 und Geweberesten hingegen nicht erfasst, obwohl gerade solche Verschmutzungen nicht untypisch sind und die sichere Desinfektion bzw. Sterilisation gefährden. Durch die Anlage 8 werden vielmehr für flexible Endoskope zusätzliche Anforderungen festgelegt. Zusätzlich zur Prozessvalidierung (der Reinigung durch Restproteinbestimmung) soll eine Ergebnisvalidierung (Qualitätskontrolle) der Aufbereitung – nicht speziell der Reinigung – durch mikrobiologische Kontrollen erfolgen. Durch die alleinige Überprüfung von Prozessparametern können nämlich z. B. Schäden an Endoskopen mit Auswirkungen auf das Desinfektionsergebnis (z. B. Risse oder Perforationen in den Endoskopkanälen mit nachfolgender Kontamination des Hohlraums des Endoskops) nicht erkannt werden.
82 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Anlage 8, S. 1294.
83 b. Eine den gesetzlichen Vorgaben des § 8 Abs. 1 MPBetreibV genügende Aufbereitung lässt sich auch nicht auf andere Weise feststellen. Die Feststellung einer ordnungsgemäßen hygienischen Aufbereitung setzt voraus, dass das praktizierte Aufbereitungsverfahren den Schutzzweck des § 8 Abs. 1 MPBetrV ebenso wirksam erfüllt wie die Aufbereitung unter Beachtung der RKI/BfArM-Empfehlung.
84 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2011 ‑ 13 A 32/11 -, juris, Rn. 5.
85 Allein die Berücksichtigung der Herstellerangaben zur Aufbereitung und die Durchführung einer mikrobiologischen Kontrolle rechtfertigen nicht den Schluss auf ein ausreichend validiertes Aufbereitungsverfahren.
86 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 13 A 23/17 -, n. v.
87 Ob zum Zeitpunkt der Begehung der Praxis anerkannte Methoden der Validierung der manuellen Aufbereitung flexibler Endoskope zur Verfügung standen, ist dabei rechtlich ohne Belang, denn die Anwendung manueller Verfahren setzt ‑ zumindest sofern wie hier maschinelle Verfahren, denen grundsätzlich der Vorzug zu geben ist, zur Verfügung stehen – zwingend eine entsprechende Validierung voraus.
88 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1253.
89 Die bei der Klägerin durchgeführte Aufbereitung der flexiblen Endoskope genügt nicht den Anforderungen an ein validiertes Verfahren, wie es in § 8 Abs. 1 MPBetrV vorgeschrieben ist. Die von ihr durchgeführte Validierung der manuellen Reinigung bleibt hinter den Anforderungen der RKI-/BfArM-Empfehlung zurück und erweist sich als unzureichend. Wie bereits dargelegt, ist es laut RKI-/BfArM-Empfehlung aufgrund der baulichen Besonderheiten der Endoskope und der damit einhergehenden fehlenden Möglichkeit der vollständigen optischen Überprüfbarkeit des Reinigungserfolges erforderlich, durch regelmäßige Restproteinbestimmungen die Wirksamkeit der manuellen Reinigung von flexiblen Endoskopen zu belegen. Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur bei unbefangener Betrachtung unmittelbar einleuchtend, sie entspricht auch dem Stand von Wissenschaft und Technik. Der Stand von Wissenschaft und Technik ist bereits Richtschnur für die RKI-/BfArM-Empfehlungen.
90 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1, S. 1246, s. auch Anlage 8, S. 1288.
91 Auch die von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutversorgung (DGSV) und dem Arbeitskreis Instrumentenaufbereitung (AKI) in Kooperation mit dem Verbund für angewandte Hygiene (VAH) herausgegebene – allerdings nicht für thermolabile Endoskope geltende (s. S. 7) – Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten sieht solche Restproteinbestimmungen für semikritische Medizinprodukte der Gruppe B vor (vgl. dort etwa S. 10 und 24 sowie Anlage 9). Es ist weder ersichtlich noch dargelegt, warum für thermolabile Endoskope insoweit geringere Anforderungen gelten sollten, zumal bei der maschinellen Reinigung von Endoskopen – wie bereits dargelegt – im Rahmen der Validierung auch auf den Restproteinwert Bezug genommen wird. Das der nordrhein-westfälischen Landesverwaltung entstammende und die fachliche Auslegung der zuständigen NRW-Behörden zu speziellen Aspekten der hygienischen Aufbereitung wiedergebende Arbeitspapier „Anforderungen an die hygienische Aufbereitung von Medizinprodukten in Nordrhein-Westfalen“ sieht ohnehin solche Restproteinbestimmungen vor (vgl. S. 7/8). Dieses Arbeitspapier beinhaltet zwar selbst keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, sondern nur eine Auswertung. Es kann daher (nur) als weiteres (schwaches) Indiz für das Bestehen entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse gewertet werden.
92 c. Es besteht eine drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 MPG, weil die Klägerin in ihrer Praxis flexible Endoskope benutzt, welche nicht mit einem geeigneten validierten Verfahren aufbereitetet wurden, mithin gegen § 14 MPG i. V. m. § 8 Abs. 1 MPBetreibV verstößt. Dies stellt eine Gefährdung der Gesundheit von Patienten und Beschäftigten dar.
93 Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 – 13 B 894/09 -, juris, Rn. 6 f., m. N.; s. auch RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1, S. 1245.
94 d. Der Beklagte war gem. § 28 Abs. 2 Satz 2 MPG auch befugt, der Klägerin zum Nachweis der Wirksamkeit der Reinigung die Durchführung von Restproteinbestimmungen aufzugeben. Er hat das ihm in § 28 Abs. 2 Satz 2 MPG eingeräumte Ermessen erkannt und fehlerfrei ausgeübt, insbesondere je nach Schwere der Mängel unterschiedliche Beseitigungsfristen angeordnet. Er hat weder die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten noch von seinem Ermessen in einem dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrach gemacht, § 114 Satz 1 VwGO. Ist nach den vorstehenden Ausführungen (nur) bei Durchführung von Restproteinbestimmungen von einer ordnungsgemäßen Aufbereitung auszugehen, durfte der Beklagte der Klägerin in der Ziffer 2. der Anordnungsverfügung vom 7. November 2014 i.V.m. Ziffer 6.2.8 des Inspektionsberichts sowie den dazugehörigen Ausführungen aufgeben, bei Fortführung der manuellen Reinigung der Endoskope Restproteinbestimmungen durchzuführen, zumal ihr auch keine bestimmte Methode der Restproteinbestimmung vorgegeben wurde (s. Bl. 6 des Bescheides: „Restproteinbestimmung mit einem dafür geeigneten Testsystem“) und nicht ersichtlich ist, dass die Wirksamkeit der Reinigung auf andere Weise (einfacher und/oder günstiger) hinreichend belegt werden kann. In Anbetracht des hohen Schutzgutes der Patientengesundheit ist die Anordnung – auch in Bezug auf die gesetzte Frist zur Beseitigung des Mangels, das vorgesehene Prüfungsintervall und den Ort der Prüfungen (qualifiziertes Labor) – zudem verhältnismäßig. Unerheblich ist, dass der Klägerin nicht das weitere praktische Vorgehen im Falle eines auffälligen Befundes vorgegeben wurde. Es versteht sich von selbst, dass im Falle auffälliger Ergebnisse der Reinigungsprozess insgesamt zu überprüfen, anzupassen und eine erneute Validierung vorzunehmen ist.
95 3. Hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten sonstigen Medizinprodukte (Proktoskope) bedarf es hingegen keiner Restproteinbestimmung zum Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens. Soweit dies angeordnet wurde,
96 ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Wie bereits vom Verwaltungsgericht festgestellt und von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt, handelt es sich bei Proktoskopen, die insoweit durchaus mit Spekula vergleichbar sind,
97 diese sind in der RKI-/BfArM-Empfehlung ausdrücklich als semikritische Medizinprodukte der Gruppe A aufgeführt, vgl. dort S. 1248, Tabelle 1,
98 um semikritische Medizinprodukte der Gruppe A. Auch für die manuelle Reinigung dieser Produkte gilt, dass sie stets nach dokumentierten Standardanweisungen und mit auf Wirksamkeit geprüften, auf das Medizinprodukt abgestimmten Mitteln und Verfahren validiert durchgeführt werden muss. Die Validierung soll dem Medizinprodukt und seiner Risikobewertung und Einstufung angemessen sein und nach den anerkannten Regeln der Technik unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik erfolgen.
99 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 1.3, S. 1250.
100 Für die semikritischen Medizinprodukte der Gruppe A ist Anlage 8 der RKI-/ BfArM-Empfehlung nicht einschlägig, sondern nur der allgemeine Teil der RKI-/ BfArM-Empfehlung. Demnach bedarf es einer optischen Kontrolle nach der Reinigung. „Nach der Reinigung und Desinfektion dürfen bei optischer Kontrolle (normaler oder auf normal korrigierter Sehkraft) an allen Teilen des Medizinproduktes keine Verschmutzungen (z. B. Verkrustungen, Beläge) erkennbar sein (QM).“
101 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1255.
102 Über die optische Kontrolle hinausgehende Maßnahmen werden – wie oben bereits dargelegt – von der RKI-/BfArM-Empfehlung nur gegebenenfalls für erforderlich gehalten, z. B. bei kritischen Medizinprodukten mit besonders hohen Anforderungen an die Aufbereitung oder wenn der Erfolg der Reinigung nicht durch optische Kontrolle möglich ist.
103 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1255.
104 Anders ausgedrückt: Zum Nachweis der Wirksamkeit des Reinigungsverfahrens ist bei semikritischen Produkten der Gruppe A (Medizinprodukte, die keine erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung stellen), lt. RKI-/BfArM-Empfehlung eine optische Kontrolle ausreichend, da diese eine Überprüfung des Reinigungserfolges im Sinne eines Ausschlusses von (groben) Verschmutzungen wie Verkrustungen und Belägen ermöglicht. Es bedarf regelmäßig keiner Restproteinbestimmung.
105 Dem steht nicht entgegen, dass, so der Vortrag des Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung, bei der optischen Kontrolle möglicherweise farblose Verunreinigungen (Schleime, Sekrete) nicht hinreichend erkennbar sind. Dieser Einwand ändert – unabhängig von seiner Richtigkeit und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen – zunächst nichts daran, dass lt. RKI-/BfArM-Empfehlung eine optische Kontrolle ausreichend ist, mithin die Klägerin die Vorgaben der RKI‑/BfArM-Empfehlung beachtet. Ob besser geeignete Verfahren vorhanden sind, ist in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen Die entgegenstehende fach-liche Einschätzung des Beklagten, in der mündlichen Verhandlung auch auf die 2013 von der GKH, der DGSV und dem AKI in Kooperation mit dem VAH heraus-gegebene Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten gestützt, ist im Rahmen der Prü-fung des § 8 Abs. 2 MPBetreibV insoweit irrelevant.
106 Ohnehin ist – wie oben aufgeführt – die Reinigung nicht das Endstadium der Aufbereitung. Die Proktoskope werden anschließend noch desinfiziert und sterilisiert. Die Reinigung dient ausschließlich dem Zweck, eine sicher wirksame Desinfektion bzw. Sterilisation zu ermöglichen.
107 Vgl. RKI-/BfArM-Empfehlung, Ziffer 2.2.2, S. 1253.
108 Für eine wirksame Desinfektion bzw. Sterilisation ist – wie bereits dargelegt – eine vollständige Befreiung von jeglichen Rückständen daher nicht erforderlich; gerade deswegen reicht die optische Kontrolle bei guter Einsehbarkeit auch aus.
109 Dies entspricht dem bei der Aufbereitung zu berücksichtigenden Stand von Wissenschaft und Technik, wie er auch in der 2013 von der GKH, der DGSV und dem AKI in Kooperation mit dem VAH herausgegebenen Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten zum Ausdruck kommt. Dort heißt es unter Ziffer 5.2.3.1, dass das Reinigungsergebnis u.a. von semikritisch A Medizinprodukten an real verschmutzten Instrumenten geprüft werde; würden Medizinprodukte semikritisch B aufbereitet, sei die Reinigungsleistung zusätzlich mittels standardisiert mit Blut verschmutzten Crile-Klemmen zu belegen. Gemäß Ziffer 5.2.3.1.2.1 ist bei real verschmutzten Instrumenten die Sauberkeit des Medizinproduktes mittels Sichtkontrolle zu prüfen. Hingegen müssten Medizinprodukte mit Flächen, die nicht visuell zu kontrollieren seien, zusätzlich mit einem Proteinnachweistest überprüft werden. Zu Recht betont das Verwaltungsgericht, dass aus diesen unterschiedlichen Vorgaben hinsichtlich der Medizinprodukte semikritisch A einerseits und der Medizinprodukte semikritisch B andererseits zu schließen ist, dass es dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht, bei semikritisch A Instrumenten wie den Proktoskopen, also bei Instrumenten, die vollständig visuell überprüft werden können, eine Proteinbestimmung nur dann für erforderlich zu halten, wenn nach einer visuellen Kontrolle eine Verschmutzung nicht ausgeschlossen werden kann; sie ist also gerade nicht regelmäßig durchzuführen. Diese Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts hält auch das Robert Koch-Institut in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2017 ausdrücklich für zutreffend. Soweit das der nordrhein-westfälischen Landesverwaltung entstammende Arbeitspapier „Anforderungen an die hygienische Aufbereitung von Medizinprodukten in Nordrhein-Westfalen“ ‑ ohne eine entsprechende Notwendigkeit z. B. durch Quellenangaben zu be-legen ‑ darüber hinaus gehende Anforderungen an den Nachweis der Wirksam-keit der manuellen Reinigung von semikritischen Produkten der Gruppe A stellt und zwingend Restproteinbestimmungen fordert, kann nicht festgestellt werden, dass dies unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik zwingend erforderlich ist.
110 Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
111 Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.