Beitrag
Seiten 196
bis 295
Editorial

Klarheit und Pragmatismus

Dr. Annika S. Bien

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir leben in einer Zeit, in der wir tagtäglich mit neuen Meldungen konfrontiert sind, die unser Leben bis in die empfindlichsten Bereiche berühren. Die Corona-Krise, die trotz derzeitiger Entspannung der Maßnahmen in ihren Auswirkungen immer noch deutlich spürbar ist, hat nicht nur zu einer Verschiebung von Produktverfügbarkeiten in Lieferketten geführt, sondern auch viele Menschen dazu veranlasst, umzudenken und ihrem Leben eine andere Richtung zu geben, etwa auch im Hinblick auf einen Arbeitsplatzwechsel in eine andere Branche. Dies alles führt dazu, dass Produkte teurer werden und verlängerte Lieferzeiten die Wertschöpfungskette verlangsamen. Dazu kommen Energiekrise, Inflation und der Blick in eine politisch sehr unsichere, instabile Zukunft. „Aber die Unternehmen werden das schon stemmen“, scheint die Politik zu meinen.

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Aufsätze

Unsicherheiten bei der Umsetzung der MDR: Aktuelle Rechtsfragen zu Kombinationsprodukten zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten

Christian Karle, Hamburg

Durch die MDR kam es neben den Änderungen des medizinprodukterechtlichen Konformitätsbewertungsverfahrens auch zur Neuregelung im Zulassungsverfahren für Arzneimittel, in denen es sich um eine Kombination von Medizinprodukten und Arzneimitteln handelt. Diese Neuregelung führt zu großen Unsicherheiten bei der konkreten Umsetzung, bei den betroffenen Unternehmen, den zuständigen Behörden und den Benannten Stellen. Mittlerweile gibt es mehrere offizielle Guidelines und Stellungnahmen, die zu rechtlich angreifbaren oder streitigen Schlussfolgerungen gelangen. Im Beitrag werden exemplarisch drei konkrete Fragestellungen untersucht, die diese Unsicherheiten dokumentieren.

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Aufsätze

Designschutz von Medizinprodukten: Fantastische Schutzrechte und wo sie zu finden sind

Dr. Peggy Müller, Frankfurt am Main

Medizinprodukte verbindet man primär mit Technik und Funktionalität. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, dass auch in deren äußeren Gestaltung durchaus Potential steckt. Und das, obwohl Designschutz relativ leicht erlangt werden kann, wie dieser Rechtsprechungsüberblick aufzeigen will.

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Aufsätze

Kits und Behandlungseinheiten: Produktkombinationen – der schmale Grat zwischen MDR und IVDR

Diana Hohage, Hamburg und Dr. Anna Schade, Rostock

Die Praxis zeigt, dass Medizinprodukte häufig in Verbindung mit anderen Medizinprodukten, In-vitro-Diagnostika oder anderen Produkten verwendet und gemeinsam zur Anwendung kommen. Der Gesetzgeber
hat dafür den entsprechenden Rechtsrahmen geschaffen. Die Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) kennt Behandlungseinheiten und Systeme. Die Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) definiert den Begriff Kit. Der
Beitrag betrachtet die unterschiedlichen Kombinationen von Medizinprodukten und IVDs und deren Auswirkungen auf die Wahl der anwendbaren Verordnung sowie daraus resultierende regulatorische Stolpersteine.

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Aufsätze

In-vitro-Diagnostika Verordnung: Anforderungen und Stand der Dinge zum Geltungsbeginn

Dr. Sonja Neuhofen, Berlin, Dr. Dieter Schönwald, München

Am 26. Mai 2022 war es so weit – ein Jahr nach der MDR trat die zeitgleich entwickelte Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR) in Geltung. Unter dem Einfluss der COVID-19-Pandemie, aber wohl auch aufgrund der Unterschätzung des Aufwandes für die Umsetzung des neuen Rechtssystems, kam es zu zahlreichen Verzögerungen, so dass im Januar 2022 die Übergangsbestimmungen der IVDR erweitert werden mussten. Dieser Beitrag fasst die ­Anforderungen für In-vitro-Diagnostika (IVD-Produkte) zum Geltungsbeginn der IVDR und den Status ihrer Umsetzung zusammen.

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Beiträge

Vom Medizinprodukterecht beseelt: Prof. Dr. Ulrich M. Gassner zum 65. Geburtstag

Dr. Gert Schorn, Meckenheim

Professor Dr. Ulrich M. Gassner beging am 25. März 2022 seinen 65. Geburtstag. Seine Tätigkeit an der Universität Augsburg ist durch das Medizinprodukterecht allgemein geprägt, und vor allem auch durch seine in die
Tiefe und Breite gehende Forschung und Lehre – dies hebt ihn in Europa hervor.

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Rechtsprechung

OLG Köln, Urteil vom 17.12.2021 – 6 U 91/21 – Werbeaktion „GRATIS TESTEN“

Thema:
Bei einer Werbeaktion „Inkontinenzhöschen GRATIS TESTEN“ wird nicht das Produkt selbst unentgeltlich zugewandt, sondern die Rückerstattung des Kaufpreises.

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249
Rechtsprechung

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.12.2021 – 6 U 121/20 – Bei der Anwendung von Art. 7 a) der VO 2017/745 kann auf die Kriterien der Rechtsprechung zu § 3 HWG zurückgegriffen werden

Thema:
Gem. Art. 7 a) MDR ist es bei der Bewerbung von Produkten untersagt, Texte und Bezeichnungen zu verwenden, die den Anwender oder Patienten hinsichtlich der Zweckbestimmung, Sicherheit und Leistung des Produkts irreführen können, indem sie dem Produkt Funktionen und Eigenschaften zuschreiben, die es nicht besitzt. Von dieser Irreführungsvariante sind die bislang von § 3 S. 2 Nr. 1 HWG erfassten Angaben über Wirkungen des Medizinproduktes erfasst. Insoweit kann bei der Anwendung der Vorschrift auf die Kriterien der Rechtsprechung zu § 3 HWG zurückgegriffen werden. Es gelten also für beide Bestimmungen die gleichen Anforderungen für Wirkungsaussagen für Medizinprodukte.

Auch die klinische Bewertung des Medizinprodukts im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens nach § 19 MPG und die danach vorzunehmende Zweckbestimmung entbinden das Unternehmen nicht von den
Anforderungen des heilmittelwerberechtlichen Irreführungsverbots.

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Rechtsprechung

VG Berlin, Urteil vom 10.01.2022 – 14 K 792.17 – Vertriebsuntersagung aufgrund des Fehlens eines erforderlichen, validierten Aufbereitungsverfahrens

Thema:
Ein Medizinprodukt darf nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn es bei sachgemäßer Lieferung, korrekter Installation und Instandhaltung und seiner Zweckbestimmung entsprechender Verwendung, der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte entspricht. Unter Berücksichtigung seiner Zweckbestimmung muss es den in Anhang I festgelegten grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen genügen. Die Auslegung muss insbesondere eine leichte und sichere Handhabung erlauben. Erforderlichenfalls werden die Produkte zudem so ausgelegt, dass ihre Reinigung, Desinfektion und/oder wiederholte Sterilisation leicht möglich ist.

Bei der Abgabe an Verbraucher ist die erforderliche Aufbereitung jedenfalls mit Blick auf die durchzuführende Sterilisation nicht leicht möglich, wenn hierfür ein Autoklav oder eine Sterilisationsdienstleistung benötigt wird.
Die Erfordernisse der Aufbereitung ist dann in finanzieller und organisatorischer Hinsicht mit einem derart hohen Aufwand verbunden, dass die ernsthafte Besorgnis begründet ist, ein Verbraucher könnte auf die erforderliche Sterilisation der Produkte verzichten. Diese Gefahr rechtfertigt eine Untersagungsverfügung.

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