OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.06.2020 – 14 U 171/18 –

Thema:
Hier ging es um die Frage eines haftungsbegründenden Entwicklungs- und Konstruktionsfehlers bei einem Medizinprodukt (Hüfttotalendoprothese), soweit es zu der Realisierung eines an sich nicht technisch vermeidbaren Risikos (Metallabrieb in der Gleitpaarung) an einer anderen Stelle des Produktes und in einer zudem erhöhten Menge kommt, zu der es aber zumindest bei fach- und sachgerechtem Einbau nicht hätte kommen müssen (Metallabrieb aufgrund Korrosion am Konus). Eine nicht vollkommen eindeutige Angabe mit Hinweis auf die Notwendigkeit der genauen Beachtung der Einbauart und Einbaukräfte stellt zudem einen haftungsbegründenden Instruktionsfehler des Herstellers dar.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.05.2020 – 6 U 23/20 –

Thema:
Einem Bescheid nach § 21 Abs. 4 AMG des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kann eine bindende Tatbestandswirkung hinsichtlich der rechtlichen Einordnung eines Produkts auch im Wettbewerbsverfahren zukommen. Die Tatbestandswirkung entfaltet sich dann, wenn der Bescheid nicht nichtig ist und das Gericht den Bescheid in Gänze, d. h. ungeschwärzt zur Kenntnis nehmen kann.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.02.2020 – VII ZR 151/18 – „Deliktische Haftung der Benannten Stelle für Folgen der Verwendung von PIP-Brustimplantaten möglich“

Thema: Die vom Hersteller beauftragte Benannte Stelle gem. der RL 93/42/EWG haftet gegenüber Patientinnen, denen Silikonbrustimplantate dieses Herstellers eingesetzt wurden, nicht nach den Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, eine deliktische Haftung ist aus Rechtsgründen aber nicht ausgeschlossen. Bei der im Medizinproduktegesetz getroffenen Regelung zum EU-Konformitätsbewertungsverfahren und den Rechten und Pflichten der Benannten Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III handelt es sich um eine Schutznorm im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Der Schutz der Endempfänger der Medizinprodukte soll danach nicht nur durch den Hersteller, sondern auch durch die Benannte Stelle gewährleistet werden.

OVG Niedersachsen, Urteil vom 17.12.2019 – 13 LB 135/19 – Keine transnationale Wirkung der behördlichen Befugnisse aus § 27 MPG

Thema: Trotz der europäischen Harmonisierung des Medizinprodukterechts ermöglichen es die verwaltungsrechtlichen Ermächtigungen in §§ 25 ff. MPG den deutschen Behörden nicht, Verwaltungsakte mit transnationaler Wirkung für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszusprechen.

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 12.12.2019 – 3 U 14/19 – „Bedeutung der CE-Zertifizierung im Hinblick auf Werbeaussagen“

Thema:
Zur Frage, ob Angaben zur Zweckbestimmung eines Medizinproduktes irreführend sind, wenn sie den Eindruck erwecken, die zugeschriebene Wirkung sei wissenschaftlich abgesichert, ohne dass dies durch gesonderte Studien belegt werden kann und ob der CE-Kennzeichnung und der zugrundeliegenden Überprüfung durch die Benannte Stelle eine Indiz- und Tatbestandswirkung zu kommen kann.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 03.12.2019 – 5 U 143/18

Thema: Eine App, die als Hörtest bezeichnet wird, ist als aktiv-diagnostisches Medizinprodukt einzustufen, führt aber keine direkte Diagnose oder Kontrolle von vitalen Körperfunktionen im Sinne der Regel 10, dritter Spiegelstrich Anhang IX Richtlinie 93/42/EWG durch und ist daher nicht als Medizinprodukt der Klasse IIa anzusehen.

OLG Naumburg, Urteil vom 07.11.2019 – 9 U 39/18- und 9 U 6/19 –

Thema: Der Vertrieb apothekenpflichtiger Arzneimittel über die Internethandelsplattform Amazon verstößt gegen Art. 9 DSGVO als Marktverhaltensregelung im Sinne des Wettbewerbsrechts, falls keine Einwilligung der Patienten vorliegt.

BVerwG, Urteil v. 07.11.2019 – 3 C 19.18 Ginkgo Kapseln

Thema: Bei der Einstufung eines stofflichen Produktes als Funktionsarzneimittel ist die pharmakologische Wirkung substantiiert darzulegen und zu beweisen. Die bloße Möglichkeit einer pharmakologischen Wirkung ist nicht ausreichend und eine solche entscheidet bei der Gesamtbetrachtung nicht allein über die Kategorie eines Arzneimittels.

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OVG NRW, Urteil vom 26.09.2019 – 13 A 3290/17 – Kategorie des Präsentationsarzneimittels bei einem Medizinprodukt

Thema: Die Abgrenzung zwischen Medizinprodukten und Arzneimitteln ist ständig Gegenstand der Rechtsprechung, insbesondere auch des OVG NRW, da es über die Zuständigkeitsregelungen für alle Entscheidungen des BfArM gemäß § 13 MPG bzw. § 21 Abs. 4 AMG zuständig ist. Vorliegend ging es um ein Nasenspray, das adstringierende Effekte zeigte und so zur Behandlung bei Schnupfen Anwendung finden sollte.

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LG Köln, Urteil vom 07.05.2019 – 31 O 245/18 – „Werbeverbot für biokompatible Augentropfen“

Thema:
Die Bewerbung eines stofflichen Medizinproduktes (hier: Augentropfen) mit dem Hinweis biokompatibel“ sowie dem Namensbestandteil „BIO“ stellt jeweils eine irreführende und damit unzulässige geschäftliche Handlung dar.

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LG Berlin, Urteil vom 22.03.2018 – 26 O 69/17 – und KG Berlin, Beschluss vom 14.02.2019 – 20 U 62/18 –

Thema:
Allein die Möglichkeit eines Defekts eines Medizinproduktes stellt noch keinen Fehler des Produkts dar. Ein Produktfehler gemäß § 3 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) kann bei Implantaten anzunehmen sein, wenn die Serie fehlerhaft ist und ein nennenswert erhöhtes Ausfallrisiko besteht, das mit einer signifikanten Gesundheitsgefährdung einhergeht. Jedoch stellt alleine die Möglichkeit eines Defektes nicht immer einen Fehler des Produktes i. S. d. ProdHaftG dar. Von einem solch abstrakten Fehler kann nur bei Produkten mit lebenserhaltender Funktion, wegen der besonderen Verletzlichkeit der Patienten und dem außergewöhnlichen lebensgefährdenden Schadenspotenzial ausgegangen werden. Bei einer implantierten Intraocularlinse liegt dies im Falle der Eintrübung nicht vor.