Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2023 – I ZR 4/21: Begriff der pharmakologischen Wirkung bei der Abgrenzung eines Medizinproduktes zu einem Arzneimittel (§ 21 VI AMG, Art 1 Nr. 2 Buchst. b Fall 1 der Richtlinie 2001/83/EG, Art 2 Nr. 1 MDR)

Thema:
Die Parteien streiten über die Kategorie (Arzneimittel versus Medizinprodukt) eines stofflichen Produktes aus D-Mannose zur Verhütung und begleitenden Behandlung von Zystitis.

BGH, Vorlagebeschluss zum EuGH vom 13.07.2023 – I ZR 182/22 – Bewerbung verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Ausland nach HWG zu beurteilen?

Thema:
Die Parteien streiten um die Bewerbung verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Rahmen der Regelungen zur Werbung für Arzneimittel im deutschen HWG einer niederländischen Versandapotheke und den Einklang zur Richtlinie 2001/83/EG.

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LG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2023 – 12 O 115/22 – „Heilmittelwerbung – EMS BodyCult“

Thema:
Die Beteiligten streiten um die Bewerbung eines medizinischen Fitnessgerätes, welches mittels hochintensiven Magnetimpulsen (HIFEM) arbeitet und mit Wirkaussagen für einen „Traumkörper ganz ohne Sport“, „mühelos definierte Muskeln“ sowie „Körperfett reduzieren“ und „Problemzonen mit Cellulite deutlich glätten“ beworben wird.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2023 – I-20 U 66/22: Kosmetische Fettabsaugung mit Vorher-/ Nachher-Abbildungen aus einer medizinisch indizierten Operation (§§ 1 I Nr. 2, 11 I S. 3 Nr. 1 HWG; 3, 3a 8 I III Nr. 2 UWG)

Thema:
Die Parteien streiten um eine vergleichende Werbung einer Fettabsaugung mit Vorher-/Nachher Abbildungen im Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG in einem Instagram Account.

OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023 – 4 U 144/22 – „Corona-Prophylaxe“ – nicht rechtskräftig –

Thema:
Die Beteiligten streiten um die gesundheitsbezogene Bewerbung einer Mund- und Rachenspüllösung im Kontext zwischen HWG und IfSchG.

EuGH, Urteil vom 19.01.2023 – C-495/21 und C-496/21 – „Einstufung eines stofflichen Produktes mit medizinischer Zweckbestimmung als Medizinprodukt oder als Arzneimittel“

Thema:
Die Frage, welcher Produktkategorie ein vom Hersteller als stoffliches Medizinprodukt der Klasse I mit therapeutischer Zweckbestimmung in den Verkehr gebrachtes Erzeugnis zuzuordnen ist, wenn nicht geklärt werden
kann, ob die bestimmungsgemäße Hauptwirkung durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Mittel erreicht wird, hatte das BVerwG (Beschluss vom 20.05.2021 – 3 C 19.19 und 3 C 9/20, MPJ 2021, 326 ff.) zur Vorabentscheidung dem EuGH vorgelegt. Es war für das BVerwG unklar, ob bei unklarer Faktenlage zur Wirkweise eines Produktes tatsächlich die Kategorie des „Präsentationsarzneimittels“ als Auffangtatbestand greifen könne.

OLG Celle, Urteil vom 19.01.2023 – 13 U 79/21 – Artikel 14 MDR als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG; Kompressoren für den Betrieb einer zahnärztlichen Behandlungseinheit stellen Medizinprodukte dar

Thema:
Das Gericht hatte zum einen zu klären, ob es sich bei Kompressoren für den Betrieb einer zahnärztlichen Behandlungseinheit um Medizinprodukte im Sinne der gesetzlichen Definition handelt und zum anderen, ob es
sich bei den Pflichten des Händlers aus Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 lit. a, Satz 3 MDR um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG handelt, mit der Konsequenz, dass damit auch Wettbewerber einen Verstoß als
Wettbewerbsverstoß untersagen lassen können.

OLG Hamm, Urteil vom 12.01.2023 – I- 4 U 45/20 – „Heilmittelwerbung – Schnelle Wundheilung“

Thema:
Die Beteiligten streiten um die Bewerbung eines Lipogels zur Behandlung akuter und chronischer Wunden.

OLG Hamburg, Urteil vom 15.12.2022 – 3 U 9/22 – Rabatt in Form eines Gratistestpaketes bei Abschluss eines Abonnements ist zulässig, § 7 Abs. 1 S. 1 HWG –

Thema:
Bei der Bewerbung von Medizinprodukten greifen die strengen wettbewerbsrechtlichen Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Als zulässige Variante der Zuwendung lässt § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG eine Rabattierung zu. Im konkret zu entscheidenden Fall ging es um den Vertrieb von Inkontinenzprodukten und es war diese Rabattgewährung allerdings vor dem eigentlichen Kaufabschluss versprochen. Das Oberlandesgericht hatte zu entscheiden, ob der Abschluss eines Abonnements, das jedoch zeitgleich mit dem Abschluss wieder gekündigt werden kann, überhaupt als Hauptgeschäft, in dessen Rahmen eine Rabattregelung zulässig wäre, angesehen werden konnte. Bei der rechtlichen Bewertung, ob die Abgabe im Zusammenhang mit einem „Hauptgeschäft“ erfolgt, sei maßgeblich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Erwerbsgeschäfts, nicht jedoch auf potentielle Änderungs-, Kündigungs- oder Widerrufsmöglichkeiten zu einem späteren Zeitpunkt abzustellen.

EuGH, Urteil vom 13.10.2022 – C-616/20 – Abgrenzung zwischen Funktionsarzneimittel und kosmetischem Mittel –

Thema:
Das Vorabentscheidungsverfahren betrifft die Abgrenzungsfrage, wann ein Produkt ein „Funktionsarzneimittel“ im Sinne von Artikel 1 Nr. 2 lit. b der Richtlinie 2001/83/EG darstellt.

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OVG NRW, Beschluss vom 06.10.2022 – 9 A 1794/21 – Zur Frage der Qualifizierung von Moorwannenbädern, Moorpackungen und Moorkneten als Medizinprodukt

Thema:
Die Beteiligten streiten über die rechtliche Einstufung eines Produktes als Medizinprodukt, welches seine Hauptwirkung bei der Anwendung in Form von Moorwannenbädern, Moorpackungen und Moorkneten erreiche.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.06.2022 – 6 U 259/21 – CE-Kennzeichnung schließt eine lauterkeitsrechtliche Prüfung nicht aus

Thema:
Die medizinprodukterechtliche CE-Zertifizierung durch eine Benannte Stelle steht einer wettbewerbsrechtlichen Überprüfung der Werbeaussagen zur Wirkung nicht entgegen. Auch wenn im vorliegenden Fall die Frage einer möglichen Sperrwirkung der CE Zertifizierung nicht abschließend beantwortet wurde, so stellt das Gericht jedoch fest, dass eine Sperrwirkung zur wettbewerbsrechtlichen Angreifbarkeit von Aussagen allenfalls insoweit in Betracht komme, als der in Rede stehende Gesichtspunkt nach dem obligatorischen Prüfprogramm Gegenstand der zur Erlangung der CE Zertifizierung erfolgten Prüfung durch die Benannte Stelle gewesen sei. Bei dem vonder Beklagten für die von ihm in Verkehr gebrachten oral zu applizierenden Hustenmitteln als Medizinprodukte der Kasse IIa gewähltem Zertifizierungsverfahren zur Erlangung der CE-Zertifizierung war aber nach dem MPG aF. und der Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG, Anhang II, nicht vorgesehen, dass die Benannte Stelle die Wirksamkeit des Medizinprodukts prüft. Die Zertifizierung durch die Benannte Stelle habe nicht den Charakter eines Verwaltungsakts, denn die Benannte Stelle sei ein privates, nicht beliehenes Unternehmen. Damit war vom Hersteller bzw. dem Werbenden die volle Beweislast zur Darlegung der Wirkungsaussagen über klinische Daten, das heißt nach dem Strengeprinzip der Rechtsprechung bei der Werbung für Gesundheitsprodukte, mittels klinischer Studien zu belegen.

OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2022 – 6 U 165/20 – Zulässiges Überkleben einer Marke mit einer neuen PZN auf der Verpackung eines Medizinproduktes

Thema:
Das Überdecken einer Marke im Zuge der Anbringung der neuen PZN ist grundsätzlich geeignet, die Herkunftsfunktion der Marke zu beeinträchtigen. Indes muss nicht jedes Überkleben der Marke zwangsläufig zu dieser Beeinträchtigung führen. Es ist vielmehr auf die konkrete Gestaltung im Einzelfall abzustellen.

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OLG Hamm, Urteil vom 15.02.2022 – 4 U 142/21 – Werden Medizinprodukte mit einem „Gratis-Gutschein“ für eine Fortbildung beworben, so liegt darin eine unlautere Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 S. 2 HWG

Thema:
In den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes einbezogen ist allein die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht dagegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt. Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidende Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt danach maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht. So stand in Frage, ob diese Grundsätze insbesondere auch für die in § 7 HWG geregelte Werbung mit Werbeangaben gelten.

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LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 29.04.2021 – L 14 KR 48/18 – Antragsberechtigung zur Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis liegt nur bei Hersteller; einer Drainageflasche mit einem Schlauchset fehlt die Hilfsmitteleigenschaft iSd. § 33 SGB V

Thema:
Das Gericht hatte die Frage zu klären, wer antragsberechtigt im Sinne des § 139 SGB V ist und ob ein spezifisches Drainagekit, das funktional eine untrennbare Einheit mit einem Implantat darstellt, isoliert als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V anzusehen und folglich in das Hilfsmittelverzeichnis zur Erstattung durch die Sozialversicherungen geeignet ist. Dies hat das Gericht verneint.

BGH, Beschluss vom 16.02.2021 – VI ZR 1104/20 – Stellen sich in einem Schadensersatzprozess wegen Produkthaftung medizinische Fragen, dürfen weder an den klagebegründenden Sachvortrag einer Partei noch an ihre Einwendungen gegen ein Sachverständigengutachten hohe Anforderungen gestellt werden.

Thema:
Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt allen an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten einen Anspruch darauf, sich zu dem in Rede stehenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, tatsächliche und rechtliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei darf das Gericht die Anforderungen an die Substantiierung des Parteivortrags nicht überspannen.
Im Arzthaftungsprozess dürfen an die Substantiierungspflicht des Patienten nur maßvolle Anforderungen gestellt werden, weil vom Pateinten regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet
und gefordert werden kann. Der Patient ist zudem nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Dies gilt auch für die Einwendungen gegen ein gerichtliches Gutachten. Insbesondere ist die Partei berechtigt, ihre Einwendungen gegen das Gutachten zunächst ohne sachverständige Hilfe vorzubringen.

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